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Von Kontinent zu Kontinent

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Reisetipps

Mit dem eigenen Dethleffs Richtung Alaska

Wenn schon weg, dann aber richtig. Träume haben, heißt Träume leben – das war und ist mein Motto. Und Träume habe ich mir schon immer gerne erfüllt, vor allem Traumreisen. Hatte ich bis dato Touren über ein, zwei Monate in Kanada, Australien, Neuseeland oder Südafrika mit teils teuer gemieteten Wohnmobilen absolviert, war es irgendwann mal an der Zeit, meinen ersten eigenen Motorcaravan zu erwerben. So hatte denn auch ein Wochenende auf dem Caravan Salon in Düsseldorf mein bisheriges Leben verändert. Anhand meiner Erfahrungen mit den diversen Leihfahrzeugen wusste ich ganz gut, was mein Neuer unbedingt haben sollte und was – aus meiner Sicht – eher der Rubrik „purer Luxus“ zuzuordnen ist.
Nach zwei Wochen Wohnmobil-Aussuchstress fiel die Wahl schließlich auf ein vollintegriertes Modell, auf den Dethleffs Esprit. Die Gründe? Ich bin eine Frau, und er ist einfach schick. Durch seine riesige Scheibe lässt er mich die halbe Welt sehen, er hat hübsche, fast weiße Sitzbezüge, dunkelbraunes Holz, ein herrliches Bett im Heck und sogar noch ein Hubbett im Fahrerhaus. Sein winterfest isolierter Zwischenboden schafft sowohl Platz fürs Golfbag als auch für die Brennstoffzelle samt Methanolkanistern.

Alaska

Mit der Absicht, einen Transformator für die in Nordamerika üblichen 110 Volt zu kaufen und mich über die Verschiffung des Mobils zu informieren, fuhr ich nach Klüsserath, wo die Firma Seabridge regelmäßig ein gigantisches Treffen veranstaltet, auf dem Reiseleiter informative Tourvorträge halten. Und dort hat sich meine geplante Amerikareise erst mal in Luft aufgelöst, denn ich schob spontan eine geführte 180 Tage Gruppenfahrt nach Asien dazwischen. Premiere für den Esprit. Als „Rookie“ habe auf dieser Tour jede Menge von den alten Hasen gelernt und traute mir dann im Folgejahr durchaus zu, ohne beschützende Gruppe wieder ein halbes Jahr loszutouren. Und diesmal endlich westwärts nach Alaska.

An einem schönen, noch leicht nebligen Aprilmorgen steuern mein liebgewonnener Esprit und ich das Zwischenziel Hamburg Überseehafen an, von wo aus er vier Tage später ins kanadische Halifax verschifft werden sollte. Allerdings – der Frachter aus England hatte wegen einer Havarie etwas Verspätung, die sich bis Halifax leider auf sechs Tage summierte. Meinen Flug hätte ich nur umständlich verschieben können und so bot sich Gelegenheit, Halifax ausgiebig zu erkunden. Immerhin ist die Metropole von Nova Scotia, Neuschottland, das größte Bevölkerungszentrum östlich von Québec und nördlich von Boston und Basis der Atlantikflotte der kanadischen Marine. Sehenswert Fort George, die sternförmige Zitadelle, auf einem Hügel im Zentrum gelegen. Oder das nahe gelegene Province House sowie der Uhrenturm von Halifax Old Town Clock – ein Muss. Recht nette Restaurants und Geschäfte gibt es in und um die Argyle Street. Die Entfernungen in Nordamerika sind überwältigend groß, von hier bis nach Tok in Alaska habe ich mit Abstechern locker 12.000 km eingeplant, und ich darf nicht zu spät dort ankommen, weil der Sommer kurz und ein früher Wintereinbruch immer möglich ist.

Weite und Vielfalt prägen das zweitgrößte Land der Erde, und quer hindurch führt der Trans-Canada Highway (TCH), mit gut 8.000 km die drittlängste Straßenverbindung der Welt. Mit aufgefüllten Vorräten geht es dann auf die Strecke. Ein Bekannter hatte mir übrigens meine alten, schweren Stahl-Gasflaschen gegen solche aus Aluminium getauscht, weil der Gaskasten meist zu schmal ist für die größeren US-Flaschen. Aluflaschen haben zudem den Vorteil, dass sie einen hier nötigen Füllstopp haben und daher als Gastank durchgehen und per Adapter an vielen Tankstellen wieder befüllt werden können. Wer Ende April, Anfang Mai in Nordost-Kanada womöglich schon den Frühling erwartet, wird eines Besseren belehrt. Es schneit bald jeden Tag und ich muss die Südroute über den Trans-Canada Highway nehmen, weil dessen nördlicher Verlauf noch gesperrt ist. Nördlich von Halifax knickt die Route des TCH südwestlich ab und führt entlang des St. Lorenzstroms über Quebec Richtung Montreal und weiter entlang der großen Seen. Noch haben viele Campingplätze gar nicht geöffnet, so dass ich neben Kirchen, hinter dem örtlichen Visitors Information Center oder auf den Parkplätzen von Sportanlagen übernachte. Und wenn es abends mal ganz spät wird, tut es auch der Parkplatz vorm Walmart, wo ich dann auch gleich meine Lebensmittelvorräte wieder aufstocken kann.

Alaska Firetruck
Frischwasser bekomme ich an der Tankstelle, meine Handy-, Kamera- oder Laptop-Akkus lade ich während der Fahrt oder über die Brennstoffzelle auf, und die perfekte Truma Heizung bereitet mir an kalten Abenden und in frostigen Nächten ein kuschliges, gemütliches Zuhause. Kurz vor dem Kaff Nipigon treffen dann die Nord- und Südroute des Highways wieder aufeinander und führen gemeinsam weiter. Weiter Richtung Westen, weiter Richtung Winnipeg. Ich folge wie schon gewohnt einfach dem weißen Ahornblatt auf grünem Grund nach – dem unübersehbaren Hinweis auf die TCH-Strecke. Winnipeg liegt im Südosten von Manitoba. Ausgangspunkt, um die Vielfalt dieser pulsierenden Stadt zu erleben, sind die Forks (Gabelungen), wo Red River und Assiniboine River zusammenfließen. Hier gibt’s Marktstände, bunte Läden und Spezialitäten aus aller Welt, und die Büffelrippchen sind legendär.

Gut 800 Meilen, rund 1.300 km weiter liegt Calgary an den Ausläufern der Alberta Rocky Mountains. Ich erreiche Kanadas Ölhauptstadt Mitte Juni am Victoria Day. Dumm nur, dass halb Kanada die gleiche Idee hatte und mit Wohnmobilen unterwegs war. Alle Campingplätze haben inzwischen geöffnet und jeder hat seinen Stellplatz für dieses lange Wochenende reserviert – jeder, außer mir (aber bei Walmart fühle ich mich inzwischen ja fast schon heimisch). Kenner behaupten, dass es schwer fallen würde, irgendwo ein besseres Rindersteak zu finden als in Calgary. Und nicht von ungefähr lautet der „Nickname“ der Stadt Cowtown.

Alaska mit dem Wohnmobil
Kurz hinter Calgary verlasse ich den TCH und steuere meinen Dethleffs über die 93 Richtung Banff und Jasper, die grandiosen Nationalpark dicht an der Grenze zu British Columbia. In dieser Grenzregion liegt das Columbia Icefield mit dem beeindruckenden Athabasca Gletscher; südlich des Polarkreises findet sich hier eine der größten Eisansammlungen weltweit. Schon von der Straße aus sieht man auch den Stutfield Gletscher, der seine gewaltigen Eismassen ins Tal schiebt. Etwas, das ich bis dato nie recht verstanden habe, ist die Begeisterung anderer für meinen nur gut sieben Meter langen Dethleffs Integrierten. Häufig werde ich gleich mehrmals am Tag auf meinen Esprit angesprochen. Manche fahren nur dicht heran und bestaunen ihn, manche folgen mir, bis ich parke, um mit mir ins Gespräch zu kommen, und alle fragen dasselbe: Woher kommt er? Wer baut den? Kann man ihn auch in Amerika kaufen? Tenor: „Der ist ja wirklich süß“. Und das von Reisemobil begeisterten Nordamerikanern, die mit fett motorisierten Wohnmobilen unterwegs sind, die dank Slideouts so groß sind, wie ein mittleres Appartement.

Bär Alaska

Die Vorstellung, mit meinem handlichen Dethleffs in der Masse der Ami-Motorhomes unterzugehen, hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil. Auf dieser Tour ist „ER“ der Star – natürlich auch für mich, denn er hat mich bisher sicher überall dorthin gebracht, wo ich meine Reiseträume ausleben wollte. Er ist mein Zuhause auf Rädern, wenn ich ihm weitab von Deutschland die Pisten dieser Welt zeige. Noch bald 3.000 km liegen vor uns bis wir Alaska endlich erreichen werden. Aber das ist fast schon wieder eine andere Geschichte.
Brigitte Jongman

Mitnahme-Effekt

Die Firma Seabridge bietet den Transport des eigenen Freizeitfahrzeugs (auch Gespanne) kostengünstig mit sogenannten Roll On/Roll Off-Fähren an. Die Buchung sollte etwa zwei Monate vor Reisebeginn erfolgen. Fahrzeugabgabe in Hamburg, Abholung am Zielhafen 1 bis 2 Tage nach Ankunft. Die Überfahrt beispielsweise nach Halifax dauert drei Wochen. Schiffe fahren wöchentlich und laufen stets am gleichen Wochentag im Zielhafen ein, das erleichtert die Flugbuchung. Zielhäfen beispielsweise: Halifax, Kanada. Baltimore, Washington, DC. Brunswick, Georgia. Die Kosten werden nach transportiertem Volumen berechnet (Fahrzeugmaße laut Schein), aktuell rund 50 Euro pro Kubikmeter (plus Speditions-, Hafen- und Zollgebühren in Höhe von rund 350 €, Stand: 9/2011). Freizeitfahrzeuge können mit kompletter Ausrüstung verschifft werden.

Info: www.seabridge-tours.de